Regelmäßig gibt Matthieu Abrivard als Konsultant für den ParisTurf seine Einschätzung auf kommende Starter aus seinem Quartier und auf Fahrten als Catchdriver ab. Zudem blickt er noch einmal auf die kürzlich zurückliegenden Rennen und erklärt, welche Pferde ihm besonders gut gefallen haben. In dieser Ausgabe würdigt er zu Beginn den kürzlich eingegangen Nimrod Borealis.
"Wie die Leute vielleicht erfahren haben, hat uns unser Champion Nimrod Borealis verlassen. Er ist letzten Sonntag zuhause, auf seiner Weide, eingeschlafen. Trotz seines Alters hatte er immer noch wache Augen, guten Appetit und freute sich jedes Mal, wenn man ihn besuchte. Er zeigte keinerlei ernsthafte Anzeichen gesundheitlicher Probleme, abgesehen von einer kleinen Nebenhöhlenentzündung in den letzten Wochen, und ich denke, er ist friedlich gegangen.
Nach Jag De Bellouet unter dem Sattel war er es, der mir meinen Durchbruch ermöglichte, indem er mir meine ersten großen Siege im Sulky schenkte. Neben seinem natürlichen Talent hatte er eine unglaubliche Stärke im Kopf. Man darf nicht vergessen, dass er zweimal wegen Koliken operiert werden musste! Bei der ersten Operation gaben ihm die Tierärzte in den ersten Stunden kaum eine Überlebenschance... Doch er hat sich immer wieder aufgerappelt.
Ich habe viele prägende Erinnerungen an ihn, wie beim Finale des Grand National du Trot 2007, als er im letzten Bogen scheinbar spielerisch weiterlief, während die anderen alles gaben, oder im Prix des Ducs de Normandie im Jahr darauf. Eigentlich wollten wir dort nur einen ruhigen Wiedereinstieg geben, noch beschlagen, und im letzten Bogen dachte ich mir: 'Moment mal, da ist noch Kraft, ich greife jetzt an!' Und er zog bis ins Ziel an allen vorbei.
Auch sein Elitloppet 2009 bleibt bei mir unvergessen: Er machte im letzten Bogen im Vorlauf einen Fehler, flog danach aber doppelt so schnell wie die Konkurrenz ins Ziel und wurde eingebaut noch Dritter. Ich sehe mich noch, wie ich nach der Qualifikation meinen Vater anrief und sagte: 'Er hat etwas Unglaubliches gezeigt, wir sind besser als die anderen!' Ohne diesen Fehler im Finale hätte er es durchaus gewinnen können.
Trotz seiner gesundheitlichen Probleme hat er durchgehalten und beendete seine Karriere mit zehn Jahren auf der 'Tour Europeen'. Nimrod - das war reine Klasse, ein unglaubliches Gefühl von Geschwindigkeit, wenn er aus dem Windschatten kam, trotz seiner Größe und etwas schiefen Knie. Er hat mich als Profi wachsen lassen und mir die Welt eröffnet, als ich noch jung war. Ich schulde ihm viel. Und wir sind stolz, ihn bis zum Ende begleitet zu haben.
Die kommenden Tage
"Nach meiner Sperre freue ich mich darauf, endlich wieder den Renndress anzuziehen! Auf dem Land kommt keine Langeweile auf, aber ich bin ein Wettkämpfer und gehe gern zu den Rennen. Samstag in Vincennes sitze ich erstmals hinter Lakos De Berles (205) für Nico Raimbeaux. Er ist in Form, läuft ohne Eisen, und sollte zumindest um die Plätze kämpfen. In der Quinte fahre ich wieder meinen 'Liebling' Infiniment Citron (407). Sein Trainer liegt richtig, ihn nach Paris zu schicken, er ist derzeit top in Form. Die große Bahn sollte ihn nicht stören, er wird seine Chancen teuer verteidigen. Dazu kommen die 'Holländer': Nero Hollandia (501) und Moni Making Pace (708). Beide sind Neuland für mich, aber Letzterer war im Prix de Berlin Zweiter hinter Mack De Blary. Das spricht für Qualität. Golzac De Rem (616) hat ein Traum-Engagement bei den 'alten Hasen'. Ich kenne ihn nicht, aber er scheint in Form und könnte für eine Überraschung sorgen. Kevin Prince (806) trifft ein gutes Feld, war aber zuletzt stark gegen ähnliche Gegner. Wenn er das wiederholt, ist er vorne dabei. Lizy Josselyn (908) muss sich nach schwieriger Zeit neu beweisen, aber die Pferde von Jean-Philippe Raffegeau scheinen wieder im Aufwind.
Sonntag geht es nach Rambouillet (PMH) mit drei Pferden: Malaga Turgot, eine interessante Stute mit erster Siegchance. Monroi Du Gers, der zuletzt unglücklich galoppierte, ihn sollte man mit Vertrauen wieder aufnehmen, und Ikyta De La Vallee, die besser ist, als ihre letzte Leistung zeigt, und auf dieser Bahn schon gewonnen hat. Ein Platz ist realistisch.
Montag bin ich in Craon beim Finale der Trophee Vert mit Hannibal Tuilerie. Er hat eine tolle Saison hingelegt und kämpft noch um die Endwertung. Mit passendem Rennverlauf kann dieser Sprinter wieder stark enden. Außerdem gibt Karla De Banville ihre Rückkehr in den Wettbewerb. Noch ein Aufbau, aber unbedingt für die nächsten Wochen vorzumerken. Sie ist eine gute Stute.
Dienstag in Vincennes stelle ich Love To Run und Lisa De Pervenche vor. Die Erstgenannte ist brav, in Form, gibt immer ihr Bestes, aber ich ziehe Lisa klar vor. Eine Stute im ständigen Fortschritt, sehr unkompliziert, und mit Vorliebe für Autostart-Rennen. Sie braucht noch etwas Erfahrung, ist aber jederzeit reif für ein solches Rennen.
Mittwoch in Meslay-du-Maine sitze ich im Grand National Du Trot im Sulky. Gaspar De Brion läuft dort zur Formpflege mit 50 Meter Zulage. Das Hauptziel ist der Grand Prix du Centre-Est (GR III) in der nächsten Woche. Dagegen sollten Misthos Christal und Lord De Brion, beide frisch siegreich, sehr gute Chancen haben."
Rückkehr für Iguski und Jamin
"Ein Transporter fährt am Sonntag nach Alencon mit Jappeloup Turgot, Jamin De Brion und Iguski Sautonne. Die beiden Letzteren geben dort ihr Comeback und treffen gleich auf niemand Geringeren als Idao De Tillard. Die Bahn in Alencon ist fair und nicht belastend, ideal für eine moralstärkende Rückkehr.
Iguski ist in Topform und soll Schritt für Schritt aufgebaut werden. Der weitere Fahrplan ist noch offen: eventuell der Grand Prix du Centre-Est (17. Sep), Grand Prix du Sud-Ouest (22. Okt) oder sogar Grand Prix de Wallonie (20. Sep). Allerdings ist dort die Konkurrenz sehr stark.
Jamin hatte im Frühjahr ein kleines Problem, dass nun behoben ist. Im GNT haben wir das 'Gelbe Trikot' verloren, und es ist schwerer geworden, weil er dort meist eine Zulage geben muss. Ob er dieses Jahr nochmal in diesen Wettbewerb zurückkehrt, ist offen. Ziel ist, dass er topfit ins Wintermeeting geht."
Magic Man muss eine Schippe drauflegen
"Nach dem Prix Jacques de Vauloge (GR II) am vergangenen Samstag war ich etwas hin- und hergerissen über die Leistung von Magic Man. Vor dem Rennen war er etwas zu frisch, im Rennen selbst hingegen ein wenig zu brav. Der Rennverlauf war ungewöhnlich, und ich hatte zumindest mit dem dritten Platz gerechnet. Im Nachhinein betrachtet darf man aber nicht vergessen, dass er bei seinem Jahresdebüt noch kein echtes Rennen absolviert hatte und ihm einfach die Erfahrung fehlt. Er hat 'riesige Klasse', und ich bin überzeugt, dass er diesen Start schnell verdauen und beim nächsten Mal besser auftreten wird. Ich weiß, dass sein Trainer ihn punktgenau in Bestform bringen wird. Und am 13. September geben wir uns sicher nicht kampflos geschlagen!
Die Vorbereitung auf den Criterium-Tag am Samstag war insgesamt sehr sehenswert, und gerade das Criterium der 4jährigen verspricht hochspannend zu werden. Liza Josselyn glänzte bei den Stuten, Lord Du Gers klettert Schritt für Schritt die Stufen nach oben, und Lancier Du Goutier zeigte ebenfalls eine starke, offensive Vorstellung. Die Karten sind neu gemischt, und zehn Tage vor dem Rennen ist es unmöglich, einen klaren Favoriten auszumachen."
Eine starke Initiative von France Galop
"Auch wenn ich mir die Details noch nicht genau angesehen habe, möchte ich die Aktion 'Les Chevaux dans la Ville' (Messe auf dem Place de la Concorde) von France Galop ausdrücklich begrüßen. Alles, was unsere Branche in den Vordergrund rückt, ist in der aktuellen Lage entscheidend. Besonders wichtig finde ich, den jungen Menschen zu zeigen, dass der Rennsport viele verschiedene Berufe bietet. Heute starten viele ihre Ausbildung mit dem Traum, der nächste Spitzenjockey zu werden. Doch nur wenige schaffen es, und viele sind schnell enttäuscht. Dabei gibt es so viele spannende Facetten in unserem Beruf! Diese gilt es sichtbar zu machen.
Unsere Branche steckt in einer Krise, und jede Initiative, die uns ins Rampenlicht rückt, muss unterstützt werden. In diesem Zusammenhang begrüße ich auch die Ernennung von Joel Seche zum Interimspräsidenten der PMU. Auch wenn es vorerst nur eine Übergangslösung ist, bringt es frischen Schwung in den traditionsreichen Wettanbieter, der hoffentlich bald auch neue Spielangebote auf den Markt bringt.
Ich frage mich oft: Warum gibt es bei uns keine Wetten auf Fragen wie 'Wird Benjamin Rochard Eric Raffin noch einholen?' oder 'Wie viele Siege wird Mathieu Mottier in diesem Jahr unter dem Sattel erringen?.' Bei den Sportwetten gibt es ständig Innovationen, während wir im Rennsport noch im 20. Jahrhundert feststecken. Es ist höchste Zeit, dass wir uns weiterentwickeln!"