News Frankreich Trab, 02.10.2025
(hen) Am Sonntag schwebte Mathieu Porte (Foto:@ Aprh) als Besitzer von Lionheart mit seinem ersten Gruppe I-Erfolg auf Wolke Sieben. Es dauerte ein wenig, bis der langjährige Besitzer den bislang größten Triumph verarbeiten konnte. "Ich glaube, ich bin erst an diesem Dienstag wirklich wieder auf den Boden zurückgekommen. Eine zweite Nacht war nötig, um aus meinem Traum zu erwachen und alles richtig zu begreifen", sagte er gegenüber dem Magazin "24 Au Trot". Und für dieses Magazin nahm er sich dann auch mehr Zeit und erzählte seinen Weg bis zum Erfolg im Prix des Elites.
"Das ist der schönste Tag meines Lebens im Rennsport", wiederholte der Besitzer am Sonntag immer wieder. Und am Montag erneut. Und am Dienstag noch immer: "Gestern habe ich meinen Freunden gesagt, dass ich noch nicht wieder gelandet bin. Mit einer weiteren Nacht und einem Rennen, das ich inzwischen Dutzende Male, vielleicht sogar hundert Mal, angesehen habe, wird es allmählich klarer. Am Sonntagabend war mein erster Reflex, 24h Au Trot zu lesen, um wirklich zu begreifen, was passiert war. Natürlich würde ich sagen, dass das die größte Emotion ist, die ich je auf einer Rennbahn erlebt habe. Sie übertrifft sogar den ersten Sieg von Lionheart in Lisieux, der mich damals schon überwältigt hatte. Das war der erste Starter in den Farben des Stalls Ecurie de Loradour, und mein Freund und Wegbegleiter der gesamten Lionheart-Geschichte, Hugues Rousseau, war an meiner Seite. Dieser Sieg markierte und besiegelte den Beginn einer Geschichte, die ganz im Zeichen der Freundschaft steht."
Der Begriff "Freundschaft" ist gefallen. Der Triumph von Lionheart ist die Krönung einer über dreißigjährigen Freundschaft zwischen zwei Männern: Mathieu Porte und Hugues Rousseau. Als Züchter des Hengstes, Besitzer des Haras du Mont Goubert und Generaldirektor von Arqana Trot ist Rousseau eng mit der Geschichte von Lionheart verbunden. Er verkaufte den Hengst und vermittelte ihn weiter, damit er bei Nicolas und Jean-Michel Bazire ins Training kam, wie Mathieu Porte erzählt: "Das Pferd war wirklich sehr schön. Da Hugues schon eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Jean-Michel Bazire durch Jushua Tree begonnen hatte, schlug er mir vor, die Bazire´s zu fragen, ob sie den Hengst nehmen würden. Zunächst kümmerte sich Romain Congard um ihn. So begann die Geschichte."
Doch eigentlich begann sie viel früher - bei einem kleinen Jungen aus dem Departement Var, der dort das Geheimnis der Pferderennen entdeckte.
Der heute fünfzigjährige Mathieu Porte war eigentlich schon immer mit den Pferderennen verbunden. "Ich habe den größten Teil meiner beruflichen Laufbahn bei der PMU verbracht." Doch um dorthin zu gelangen, muss man den Faden bis in seine Kindheit zurückspulen. "In den Ferien, als ich noch ein kleiner Junge war, hat mein Großvater mir die Welt der Pferderennen in seinem PMU-Cafe gezeigt. Er lebte in der Dordogne, im Perigord Vert. Jeden Sonntag nahm er mich regelmäßig zur Tierce ins PMU-Cafe mit. Und sobald ich alt genug war, ging mein Interesse weiter: über die Abstammungen, die Fahrer bis zu den Trainern. Das hat mir sofort sehr gefallen. Bald wurde das Ganze auch intellektuell spannend. Sehr schnell fühlte ich mich mehr zum Trabrennsport hingezogen, wegen der Ästhetik der Bewegung und seiner Rennen."
Diese erste Erfahrung im Perigord prägte einen Jungen, der ansonsten im Departement Var lebte und aufwuchs. "Sobald ich alt genug war, um Auto zu fahren, besuchte ich alle Rennbahnen meiner Region. In Var, natürlich auch in Cagnes, und sehr oft in Marseille. Eigentlich war ich auf allen Bahnen im Südosten unterwegs. Dann wurde ich Student an einer Handelshochschule in Brest. Dort habe ich die Rennbahnen im Finistere und in der Bretagne abgeklappert, Kontakte geknüpft und das Fahren gelernt. Ich war zum Beispiel bei Alain Le Picard, der 2020 verstorben ist und in der Nähe von Guingamp arbeitete. Das habe ich geliebt."
Sein Studentenleben führte ihn schließlich auch nach Paris. Dort entdeckte Mathieu Porte Vincennes und ging auch nach Grosbois, wo er Zeit bei Jean-Luc Dersoir verbrachte. "Ich wollte mein Abschlusspraktikum unbedingt im Rennsport absolvieren. Zum Glück nahm mich Lyonel Fontenay, der damals Trotting Promotion leitete, als Praktikanten auf. Zur selben Zeit gab es dort noch einen anderen Praktikanten - Hugues Rousseau. Wir verstanden uns sofort, hatten denselben Hintergrund als Studenten, dasselbe Alter, dieselben Interessen. Das war Anfang der 90er-Jahre, also vor über dreißig Jahren. Seitdem sind Hugues und ich Freunde geblieben. Den Rest kennt man: Hugues blieb bei Lyonel, übernahm später Trotting Promotion und leitete dann die Fusion mit der Agence Francaise du Trot, aus der schließlich Arqana Trot wurde."
Mathieu Porte selbst klopfte nach dem Studium bei der PMU an. "Ich wurde eingestellt, und so konnte ich mein Berufsleben in der Welt verbringen, die mich am meisten begeisterte - der Welt der Pferderennen."
In verschiedenen Regionalagenturen der PMU begann er als Vertriebsleiter in der Bretagne, wurde dann stellvertretender Agenturleiter und schließlich Direktor. Seine Laufbahn führte ihn durch die Bretagne, die Normandie (Rouen), den Südwesten (Pau), das Burgund (Dijon) und schließlich zu den Agenturen in der Île-de-France. Mit um die fünfzig Jahren, kurz nach der Covid-Zeit, kam der Moment des Umbruchs. Mathieu Porte wollte Neues ausprobieren, ohne genau zu wissen, wohin ihn dieser Weg führen sollte. Als in der PMU ein Sozialplan eröffnet wurde, nutzte er die Gelegenheit, den Schritt zu wagen: "Ich hatte damals nichts Konkretes geplant, keine feste beruflichen Verpflichtungen. Und mir wurde erneut bewusst, dass mir die Pferderennen mehr denn je am Herzen liegen."
Doch Freundschaften halten ein Leben lang. Mathieu Porte und Hugues Rousseau sind nach wie vor enge Freunde und sehen sich regelmäßig. Rousseau, inzwischen Direktor von Arqana Trot und Gründer des Haras du Mont Goubert, schlug ihm vor drei Jahren vor: "Warum kümmerst Du Dich nicht um den kommerziellen Teil des Gestüts? Du hast dein ganzes Leben im Vertrieb und im Management gearbeitet. Ich biete dir an, als Verkaufsleiter mitzumachen. Du wirst unsere Hengste vertreten, ihre Vermarktung übernehmen, Kontakte zu den Züchtern knüpfen usw. So haben wir angefangen." So wurde Mathieu Porte schließlich Verkaufsleiter des Haras du Mont Goubert.
Mathieu Porte besitzt seit vielen Jahren Pferde, aber fast immer als MItbesitzer. Unter eigenem Namen trat seine Rennfarbe erstmals 2017 in den Programmen auf. "Sobald ich die finanziellen Möglichkeiten hatte, Besitzer zu werden, habe ich es getan. Anfangs als Mitbesitzer, später manchmal auch allein. Ich habe aber schnell festgestellt, dass die Gemeinschaft die besten Perspektiven bietet, weil man gleichzeitig Anteile an verschiedenen Pferden haben kann. Wenn man nur ein Pferd hat und es Pause macht, zieht sich die Zeit zwischen den Starts endlos hin. Hat man mehrere, ist fast immer eines davon auf der Rennkarte."
Im Jahr 2022 gründete Mathieu Porte den Ecurie de Loradour, in der er alle seine Aktivitäten im Rennsport bündelt. Rennpferde, Hengstanteile, Mutterstuten. Derzeit umfasst der Bestand drei Pferde im Training (Lionheart, Iacynthe Didjeap und eine 2ijährige) sowie zwei Mutterstuten. Der Name Loradour ist eine Hommage an den kleinen Weiler im Perigord seiner Kindheit, wo er mit seinem Großvater im PMU-Cafe erstmals die Faszination der Pferderennen erlebte
50 Jahre - ein Fahrrad und ein Traber
Bevor er die Zusammenarbeit mit dem Haras du Mont Goubert begann, verbrachte Mathieu Porte Zeit mit seinem Freund Hugues Rousseau. "An einem gemeinsamen Tag auf dem Gestüt habe ich ihm erzählt, dass ich mir gerne einen Jährling kaufen würde. Für mich war das ein besonderer Kauf - ein Kauf zum Träumen. Ich war gerade 50 geworden, befand mich an einem besonderen Punkt in meinem Leben und wollte mir zwei Wünsche erfüllen in zwei Welten, die mir persönlich wichtig sind. Ich habe mir ein Fahrrad gekauft. Ich liebe Radfahren. Ein Scott, was die Formel 1 unter den Rädern ist. Und ich habe mir einen Jährling gekauft." Dieser Jährling war Lionheart.
"Es war im Frühjahr", erinnert sich der Besitzer. "Wir gingen über die Koppeln und ich nannte ihm mein Budget, und er schlug mir mehrere Jährlinge vor, darunter auch Lionheart. Ihn habe ich ausgewählt. Er hatte wirklich eine gute Ausstrahlung, wie ein Vollblüter. Und als Hugues mir seinen Namen sagte, war sofort klar, dass es genau dieses Pferd sein musste. Der Name meiner Ecurie Loradour stammt aus dem Perigord Vert, im Norden der Dordogne, der Heimat meiner Familie, wo ich als Kind meine Ferien verbrachte. Nur wenige Kilometer entfernt liegt das Chateau de Chalus, wo Richard Löwenherz am 6. April 1199 von den Kreuzzügen zurückkehrend starb. Dort gibt es eine ganze Touristenroute, die Route Richard Coeur de Lion, die ich unzählige Male abgefahren bin, oft mit dem Fahrrad. Da war der Name Lionheart ein unglaublicher Zufall und ein symbolisches Zeichen. Mit diesem Namen konnte ich gar nicht anders, als ihn zu kaufen. Es ist ein echter Verweis auf den Südwesten und die Geschichte. Und ich liebe Geschichte."
Die majestätische Ausstrahlung eines Herrschers, der Name, der an Richard Löwenherz und an Loradour erinnert – es gab noch weitere Gründe, warum Mathieu Porte sofort berührt war: "Er ist ein Sohn von Falcao De Laurma, der mir schon sehr gefallen hat. Man muss sich daran erinnern: Falcao war einer der ganz wenigen seiner Generation, die Face Time Bourbon auf fairem Wege schlagen konnten. Außerdem war er auch optisch ein wunderschönes Pferd und im Modellwettbewerb ausgezeichnet. Dazu kommt, dass Falcao De Laurma ein Sohn von Niclove ist. Vermutlich der erste Hengst, an dem ich selbst einen Anteil erworben habe. In gewisser Weise ist Lionheart ein Zusammenspiel all dieser Signale, die sich in meinem Leben und meiner Leidenschaft für die Rennen immer wieder gezeigt haben. Auch das mütterliche Pedigree sprach mich an. Sine Großmutter My Lady Way hatte selbst ein Gruppe I-Rennen, den Prix d’Essai, gewonnen."
Vernünftige Investitionen für die Zukunft
"Meine Investitionen und Ausgaben im Rennsport werden immer überschaubar bleiben", betont Mathieu Porte. "Ich möchte nicht, dass die Dimensionen irgendwann so groß werden, dass ich in ein anderes System mit entsprechendem Druck hineinwachse. Mir ist auch bewusst, dass Lionheart ein absoluter Glücksfall ist. Die Wahrscheinlichkeit, auf solch ein Pferd zu treffen, ist extrem gering. Kein anderes Investment kann jemals eine ähnliche Rendite bringen. Trotzdem finde ich, dass man dem Rennsport, der mir so viel gibt, auch etwas zurückgeben muss. Deshalb werde ich weiterhin einkaufen, aber mit Maß und Ziel. Vor allem mit Blick auf die Zucht, sei es durch den Erwerb guter Stuten oder qualitätsvoll gezogener Fohlen."
Aktuell besitzt Mathieu Porte zwei Mutterstuten, die im Haras du Mont Goubert stehen: die klassische Siegerin Joke und Juventa Mesloise.
Joke in der Zucht:
2024: O'reillys Paddyhat (Hengst von Just A Gigolo)
2025: Stutfohlen von Face Time Bourbon
2025: gedeckt von Jushua Tree
Juventa Mesloise in der Zucht:
2024: Olea Mare Nostrum (Stute von Boccador De Simm)
2025: Hengstfohlen von Tactical Landing (im dänischen Stutbuch eingetragen)
2025: gedeckt von Frank Gio