In der Serie vom ParisTurf, deren Reporter ehemalige Akteure aus dem Pferderennsport besuchen, ging unter anderem schon um Vincent Brazon, der als Trainer eines Amerique-Siegers heute zum Pizza-Bäcker und Gastronom umgeschult hat. Aber auch im Journalismus gab es bekannte Gesichter, die ihr Tätigkeitsumfeld gewechselt haben, wie zum Beispiel Pierre-Emmanuel Goetz, der als ehemaliger und legendärer Kommentator auch schon Thema dieser Serie war. In der aktuellen Ausgabe kommt der ehemalige Aktive David Janvier zu Wort, der den Sulky mit einem LKW getauscht hat.
Vor 22 Jahren, am 30. August 2003, stand ein junger Fahrer von gerade einmal 19 Jahren plötzlich im Rampenlicht. Mit Kenya Du Pont gewann David Janvier das Criterium der 5jährigen vor Kerido Du Donjon, gesteuert von seinem Vater Jean-Luc. Ein Moment, der ebenso intensiv wie unerwartet war. "Ich habe überhaupt nicht verstanden, was da gerade passierte. Ich war wie im siebten Himmel. Ich hatte noch nie in Vincennes gewonnen und plötzlich stand ich als Sieger in einem Gruppe I-Rennen da. Dazu noch gemeinsam mit meinem Vater, denn wir belegten die beiden ersten Plätze! Damals wusste ich noch nicht, dass dies der Erfolg meines Lebens sein würde", erinnert sich der stolze Vater der 5jährigen Harmonie.
"Zur Anekdote: Im Frühjahr hatte ich mir die Hand gebrochen und war erst einen Monat vorher wieder in den Sulky zurückgekehrt. Eine Woche zuvor fuhr ich Kenya in Graignes, er wurde Zweiter. Mein Vater meldete ihn dann am Montagmorgen nachträglich für das Criterium. Die Umstände waren verrückt. Es war einfach unser Tag!"
Doch das Leben verschonte David Janvier nicht mit Schicksalsschlägen. Nur vier Jahre später, mit 23 Jahren, musste er sich wegen eines Gehirntumors operieren lassen, was ihn für ein Jahr von den Rennbahnen fernhielt. "Im Rennsport lebt man schnell und glaubt oft man sei unverwundbar. So ein Ereignis holt dich brutal auf den Boden zurück und lässt dich vieles relativieren. Ich will nicht leugnen, dass ich damals dunkle Gedanken hatte. In solchen Momenten ist es entscheidend, gut unterstützt zu werden. Zum Glück konnte ich auf meine Familie und Freunde zählen."
2012 traf ihn der nächste Schicksalsschlag: Sein Vater Jean-Luc Janvier starb plötzlich mit nur 57 Jahren an einem Aneurysma. Tief getroffen, fand David nicht die Kraft, die väterliche Nachfolge anzutreten. Es folgten wechselhaften Erfahrungen auf Korsika und in Cagnes-sur-Mer, sowie eine erneuten Gehirnoperation 2018. "Bei der ersten OP war nicht alles entfernt worden." So zog der heute über 40jährige 2023 einen endgültigen Schlussstrich unter seine Rennkarriere. Heute arbeitet er als Lkw-Fahrer an der Cote d’Azur und hat seinen Platz gefunden.
"Auf dem Fernseher läuft oft Equidia"
Heute angestellt bei Jacky Perrenot in Grasse, dem französischen Marktführer im Lebensmitteltransport, hat David Janvier trotz seiner Nachtschichten ein neues Gleichgewicht gefunden. "Ich beliefere die kleinen Supermärkte in den Dörfern des Hinterlandes. Der Wecker klingelt um 2 Uhr morgens, aber wenn man mit Pferden gearbeitet hat, ist das kein Problem. Gegen 11 Uhr bin ich fertig und habe den restlichen Tag für meine Frau und meine Tochter. Ich habe einen freien Tag pro Woche, und vor allem habe ich im Kopf viel weniger Sorgen. Der Rennsport hat mein Leben aufgefressen. Man musste ständig zu 200% dabei sein."
Mit seiner Partnerin Victoria Braun, die als Direktionssekretärin arbeitet und nebenbei eine Amateurlizenz besitzt, bleibt David dennoch mit der Pferderennwelt verbunden: "Zu Hause läuft auf dem Fernseher fast immer Equidia. Victoria reitet die Pferde von Claude Mathe in Cagnes, und meine Tochter hat gerade ihr erstes Pony bekommen. Ich bin also immer noch ein bisschen dabei. Ich habe sogar bei der Rennbahn von Cagnes einen Antrag gestellt, um dort als Kommissar tätig zu werden. Die Leidenschaft für Pferde verschwindet einfach nie."
Am 13. September wird der ehemalige Gruppe I-Sieger mit besonderem Interesse das Criterium der 5jährigen verfolgen, dass einen "K" zum Sieger krönen wird. Eine Generation nach seinem eigenen Erfolg mit Kenya Du Pont.