Nachschau Berlin-Mariendorf, Sonntag 01.06.2025
Geschwindigkeit hat einen Namen: Der von Michael Nimczyk präsentierte Hengst Jimmy Ferro BR rast zu einem fantastischen neuen Bahnrekord und gewinnt das schnellste je auf einer bundesdeutschen Traberpiste ausgetragene Rennen.
Elf Rennen und ein Zwanzigtausender als besonderes Highlight: Die größte Publikumsaufmerksamkeit galt beim Mariendorfer Juniauftakt natürlich dem dritten Lauf der Gold-Serie, der diesmal über die Meile führte. Angesichts der kurzen Distanz und der Qualität des neunköpfigen Teilnehmerfeldes – die genannten Pferde hatten zuvor zusammengerechnet rund 1,2 Millionen Euro Preisgeld verdient – waren die Erwartungen des Publikums hoch und eine schnelle Siegzeit lag förmlich in der Luft. Doch was dann tatsächlich passierte, war einfach atemberaubend und allen, die vor Ort dabei waren, blieb die Spucke weg. Denn ein Pferd schrieb an diesem denkwürdigen Tag Rennsportgeschichte: Der von Michael Nimczyk gesteuerte Hengst Jimmy Ferro BR erzielte die schnellste Zeit, die jemals auf der seit 1913 bestehen altehrwürdigen Derby-Piste und auf sämtlichen anderen deutschen Bahnen getrabt worden war. Als der Sohn des Spitzenvererbers Love You über die Linie schoss, blieben die Uhren bei sagenhaften 1:09,5 min. stehen. Ein fantastischer neuer Rekord, der mit großer Wahrscheinlichkeit noch viele Jahre Bestand haben wird.
Denn um so etwas Realität werden zu lassen, müssen sehr viele Dinge zusammenkommen. Ideale äußere Voraussetzungen, ein spezieller Verlauf und ein Ausnahmepferd, das zu Höchstleistungen in der Lage ist. Am Sonntag war all das gegeben. Sicherlich – beim Blick auf die Rennkarriere von Jimmy Ferro BR sind auch Schwachpunkte zu entdecken und hin und wieder gebärdet sich der Hengst wie eine launische Diva. Aber wenn man alleine nur auf die Liste der Fahrer schaut, die bei seinen Starts in insgesamt sieben Ländern im Sulky des Braunen saßen, wird einem klar, auf welch hohem Niveau dieses Pferd angesiedelt ist: Denn nicht nur Deutschlands Aushängeschild Michael Nimczyk, sondern kontinentale Berühmtheiten wie Alessandro Gocciadoro, Franck Nivard, Mathieu Mottier, Benjamin Rochard, Paul Philippe Ploquin, Gabriele Gelormini, Matthieu Abrivard, Magnus Djuse, Giampaolo Minnucci, Andrea Guzzinati, Alexandre Abrivard, Erik Adielsson und Robin Bakker hatten zuvor seine Leinen in ihre Hände genommen. Die Aufzählung der Namen ist schier endlos und verkörpert das Who’s Who des europäischen Sulkysports.
Doch um eine solch eine glanzvolle Tat zu vollbringen, braucht man – ähnlich wie in der Leichtathletik – zudem noch einen Hasen, den man jagen kann. Und in diese Rolle schlüpfte der von Victor Gentz gesteuerte Honey Bear, der ebenfalls über sich hinauswuchs und dessen Leistung man gar nicht hoch genug einstufen kann. Denn Honey Bear war es, der mit seinem ungeheuren Antritt den Grundstein für das Wahnsinnstempo legte. Der Wallach war vom Startplatz 2 aus sofort in Front gestürmt und hatte geradezu höllische Durchgangszeiten von 06,4 sowie 10,1 vorgelegt. Der trotz des Handicaps der zweiten Startreihe zügig aufgerückte Jimmy Ferro BR heftete sich an seine Fersen und übernahm zu Beginn des trotto.de-Bogens das Kommando. Doch während die taktische Aufgabe eines Hasen damit für gewöhnlich erledigt ist, gab sich Honey Bear keinesfalls geschlagen und folgte Jimmy Ferro BR auf Schritt und Tritt. Dies führte zu weiteren Zwischenzeiten von 09,6 und 11,2 – die absolute Sensation war endgültig perfekt. Und da sich Jimmy Ferro BR im Einlauf mit fünf Längen von Honey Bear freimachte, konnte sich sein überglücklicher Besitzer Alexander van Dijk zügig auf den Weg in Richtung Winner-Circle machen. Neben dem zweitplatzierten Honey Bear und dem für den dritten Rang viel Speed entfachenden Kevin Prince (Michel Rothengatter) trabten auch Kate Baldwin (Robbin Bot), Major Ass (Thorsten Tietz) und Keytothehill (Thomas Panschow) 10er Zeiten. Es war ein Tag, der allen Beteiligten noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Zwar nicht ganz so rasant, aber ebenfalls mächtig schnell ging es im Vierjährigen-Rennen um 10.000 Euro Gesamtdotation zu und der Verlauf ist rasch erzählt. Denn die Prüfung wurde zur One-Horse-Show von Wellerman. Der von Thorsten Tietz für die Farben von Andreas Marx trainierte und gesteuerte sowie erstmals barfuß vorgestellte Wallach übernahm sofort das Kommando und siegte in bombastischen 12,6/1.900m vor Uristo (Josef Franzl) sowie Diego Face (Robbin Bot) mit sechs Längen Vorsprung – eine Rekordverbesserung von fast drei Sekunden! Die Manier war einfach grandios und selbst Thorsten Tietz kam aus dem Staunen nicht mehr heraus: „Ich hatte ehrlich gesagt nicht mit einer derartigen Leistungsexplosion gerechnet. Wellerman mag zwar noch keine Tempowechsel – aber die Art, mit der er in der Startphase einfach einen Gang dazu schaltete, war faszinierend!“, Eines steht nach dieser phänomenalen Leistung jedenfalls fest: In der gezeigten Form kann der für das Derby genannte und bis auf einen einzigen Galoppade-Ausfall noch nie bezwungene Traber mit Sicherheit auch in den großen Jahrgangsrennen für Furore sorgen.
Die Veranstaltung begann – allerdings etwas holperig mit zwei Fehlstarts und einem fahrerlosen Pferd – mit einem mit der TippelTom-Talentförderung verbundenen Rennen. Der Sieg ging an Marciano Hauber und die 1,0-Ultrafavoritin Maharani. Die Stute hatte trotz Zulage noch vor dem ersten Bogen die Spitze übernommen und trumpfte in 16,7/2.020m mit sieben Längen Vorsprung auf. Der niederländische Profi punktete außerdem mit der Debütantin White Flake, die unterwegs lange an fünfter Stelle lag und im Finish in 14,7/1.900m mit Abstand das schnellste Pferd war. An einem zweiten mit der Talentförderung verknüpften Wettkampf nahmen stolze 13 Sulkygespanne teil. Wer allerdings ein wildes Getümmel um aussichtsreiche Positionen erwartet hatte, lag mit dieser Vermutung falsch. Denn der Rennverlauf war eine klare Angelegenheit. Cassandra Metzinger hatte It‘s a Sunny Dream vor den Tribünen entschlossen an die Spitze geführt und hielt im Anschluss das gesamte Feld problemlos unter Kontrolle. Die familieneigene Stute trumpfte in 16,2/1.900m mit drei Längen Vorsprung auf. Für Cassandra Metzinger war dies zwar der erste Mariendorfer Volltreffer – aber schon der dritte insgesamt bei nur 19 Auftritten. Keine Frage: Ein toller Start in eine erfolgreiche Fahrerkarriere!
Thomas Panschow führte Summermusic’night S zum zweiten Sieg seiner Rennlaufbahn. Der Hengst schoss noch auf der Startgeraden an die Spitze und spulte das Tempo in großartigen 13,1/1.900m in beeindruckender Manier mit sieben Längen Vorsprung herunter. Kein Wunder, dass der Hengst von seinem Fahrer gleich ein dickes Lob abbekam. Denn Thomas Panschow schwärmte: „Ich bin fest davon überzeugt, dass er beim Derby eine gute Rolle spielen kann!“ Mächtig imponierend fiel auch der Sieg von Uffizie aus. Mit ihrem Trainer Josef Franzl im Sulky wurde selbst der Verlauf in der Außenspur zu keinem Hindernis. Im letzten Bogen ging die Stute völlig mühelos nach vorne und auf der Zielgeraden wurden ihre Schritte in 14,1/1.900m immer länger.
Exmes As scheint sich für diese Saison einiges vorgenommen zu haben, denn auch der zweite Jahresstart der Stute mündete in einen vollen Erfolg. Michael Nimczyk hatte mit der Crazed-Tochter vor den Tribünen das Kommando übernommen und die Braune brachte das Rennen in 13,7/1.900m souverän nachhause. Gefährlich hätte ihr wohl lediglich die Trainingsgefährtin Yes Please (Robbin Bot) werden können, die im Finish an der Innenkante aber keinen Freiraum fand und Zweite wurde. Ebenso wie Exmes As siegte auch die von Victor Gentz pilotierte Pour Moi mit großer Autorität. Die Stute hatte ebenfalls vor den Tribünen die Initiative ergriffen und hielt Jingoborah (Thorsten Tietz) in 16,1/1.900m mit zwei Längen Vorsprung sehr leicht in Schach.
Im Trabreiten setzte Sarah Kube mit dem 19,2-Außenseiter Jerry ein dickes Ausrufezeichen. Der in Tschechien gezüchtete Wallach ging von der 2.000-Meter-Grundmarke aus sofort nach vorne und ließ die unentwegten Angriffe des mit Zulage bedachten Staccato HL (Hannah Schmitz) in 1:15,1 min. völlig unbeeindruckt an sich abprallen. Am Ende war Jerry sogar mit einem Vorteil von vier Längen voraus. Das einzige Amateurfahren der Veranstaltung schnappte sich Katharina Kramer mit ihrem im eigenen Besitz laufenden Pergamon S, der auf der ersten halben Runde mächtig strampeln musste, um die Führung zu ergattern. Im Anschluss konnte die Amazone aber geschickt das Tempo aus der Partie nehmen und im Einlauf ging Pergamon S in 15,1/1.900m mit drei Längen Vorsprung auf und davon.
Gesamtumsatz 122.025,91: Euro. Bahnumsatz: 28.907,30 Euro. Außenumsatz: 93.118,61 Euro.
Unser Terminhinweis: Die nächste Mariendorfer Veranstaltung findet am Sonntag, dem 15. Juni statt. Beginn ist um 12.30 Uhr. Im sportlichen Mittelpunkt stehen die mit insgesamt 16.000 Euro Preisgeld dotierten Läufe der Silber- und Newcomer-Serien. Die Starterangabe, die Sie auch online auf www.rennbahn-berlin.de vornehmen können, ist am Dienstag, dem 10. Juni. Sie erreichen das Mariendorfer Rennsekretariat unter der Rufnummer 030-7401229 bzw. per Mail an starterangabe@rennbahn-berlin.de. Bitte vergessen Sie nicht die Angabe des Hufbeschlags!